- Ab etwa 1600 erteilten auch in Müllheim während des Winters die evangelischen Pfarrherren die Winterschule, von Martini bis Ostern.
- Spätestens 1683 hatte unser Dorf einen Schulmeister, damals „Präzeptor“ genannt.
- Bereits um 1700 muss eine Ganzjahresschule mit einer Schulordnung bestanden haben, die paritätisch geführt wurde.
- Eine Auflistung aller Einwohner von 1723 zeigt, dass es damals noch viele Analphabeten gab. Auch die im Dorf vorhandenen Bücher wurden aufgezeichnet.
- Im Jahre 1799 gab Lehrer Wepf genau und ausführlich Bericht über den Stand der Müllheimer Volksschule.
Die Winterschule
Etwas mehr als 100 Jahre nach der Reformation, um 1634, hiess es im Bericht des Pfarrers Wolfgang Jäger (der dritte Pfarrer dieser Familie in Müllheim): „Die Schul’ versicht der Pfarrer von Martini bis zu Ostern.“
Vom April 1677 existiert eine Quittung (A I 24), auf der Andreas Rüzenstorffer, Pfarrer in Müllheim, den Empfang von 20 Gulden für das Versehen der Schule bestätigt.
Die ersten Schulmeister
Schulmeister wurden in lateinischen Urkunden „doctor puerorum“ und bis ins 19. Jahrhundert hinein „Provisoren“ oder „Präzeptoren“ genannt.
Schon 1683 steht von der Hand des Müllheimer Pfarrers Heinrich Irminger geschrieben:„Caspar Jäck ist der Gemeinde Präzeptor“. Auf diesen ersten „Präzeptor“ folgte Ulrich Jäck, der im Nebenamt den Metzgerberuf ausübte. Auf ihn folgte der aktive Schulmeister Johann Bridler, geboren 1681. Er schien ganz auf der Höhe der Erfordernisse gewesen zu sein, denn der Pfarrer schrieb: „Er hat Wüssenschafts genug, die nemlich erfordert wird zu diesem Amt.“
Sogar ein Lehrbuch befand sich schon in den Händen des Schulmeisters, aus dem er seine Anregung schöpfte. Es hiess: „Der Haus- und Reislehrer, von Jak. Meyer“. Es war ein „Kathechismus in kurzen Fragen und Antworten, dessen sich junge Leute daheim oder auf der Wanderschaft in Mangel der öffentlichen Kinderlehren bedienen können.“
In den meisten Orten bestanden evangelische Schulen. Über das katholische Schulwesen wurde wenig berichtet. Nur an wenigen Orten bestanden paritätische Schulen. Dies war in Müllheim der Fall, wo die paritätische Gemeinde die Lehrer aus ihrem Gemeindegut besoldete.
„Der Lehrer hatte freie Wohnung im Schulhaus, 30 Gulden Einkommen, den Ertrag von 4 Juchart Land und 8 Eimer Wein.“
Schon kurz nach der Jahrhundertwende 1700 muss in Müllheim eine Ganzjahresschule bestanden haben. Von da weg bis ins 19. Jahrhundert wurde die paritätische Müllheimer Schule lückenlos von reformierten Schulmeistern versehen.
Der Rodel von 1723
Aus dem Jahre 1723 liegt nun ein Bericht vor, der einen tieferen Einblick in den Bildungsgrad der Bevölkerung Müllheims gibt. Der damalige evangelische Pfarrer unseres Dorfes, Johann Heinrich Scheuchzer (1691 – 1739) hatte genau und gewissenhaft den „Rodel“ (Einwohnerliste) von 1723 ausgefüllt.
Hinter jeder Person, die er auflistete, ob Kind oder Erwachsener, setzte er eine Qualifikation hinzu, und zwar:
Lesen, Schreiben, Katechismus
nur Lesen
nit Lesen
Er fügte auch ein Verzeichnis der Bücher bei, die sich im Besitz jeder Familie befanden. Was dieses Bücherverzeichnis betrifft, so spiegelt es ein bestimmtes Bild jener Zeit wieder: es waren ausschliesslich religiöse Bücher über das Dorf verteilt. Das erklärt sich daraus, dass eben die Kirche die Schule ins Leben gerufen hatte. Ob dem Pfarrer nur die religiösen Bücher vorgezeigt wurden oder ob er nur nach solchen fragte, wissen wir nicht sicher. Es findet sich aber verschiedene Male die Bemerkung: „Andere Bücher nicht zum Vorschein gekommen sind.“ Das lässt doch darauf schliessen, dass Scheuchzer eifrig nach allen Schriften forschte.
Die Bücher in Müllheim in der Reihenfolge ihrer Häufigkeit:
„Christl. Bätbüchlein“ (62 Ex.)
„Bibeln“ (41 Ex.)
„Zeugnisbücher“ (38 Ex.)
„Habermann’s Bätbüchlein“(26Ex.)
Aus dem „Rodel 1723“ erfahren wir nun, dass es in Müllheim 101 Haushaltungen in 80 Häusern gab.
196 Erwachsene konnten lesen, schreiben und kannten sich im Katechismus aus.
107 Erwachsene konnten nur lesen
80 Erwachsene waren Analphabeten
Unter den Analphabeten waren fast zur Hälfte Dienstboten, die zum grössten Teil aus anderen Gemeinden stammten. Durch ärmliche Verhältnisse schon jung zum Dienen gezwungen, war es ihnen nicht möglich gewesen, einen Unterricht zu besuchen.
32 Knaben und 26 Mädchen, also 58 Kinder, gingen 1723 zur Schule.
Diese Schulkinder waren 5 – 17jährig, wobei nur je eines „den extremen Jahrgängen angehörig“ war. Am zahlreichsten waren die 8 – 12jährigen vertreten. Die 6 – 12jährigen besuchten die reguläre Tagesschule.
Die älteren machten (unregelmässig) von der Nachtschule Gebrauch, die von 6 – 9 Uhr gehalten wurde.
Bericht über die Müllheimer Schule von 1799
Der helvetische Minister der schönen Künste und der Wissenschaft, Philipp Albrecht Stapfer von Brugg, nahm nach dem Einmarsch der Franzosen 1798 die Organisation der Volksschule in Angriff. Einer der ersten Schritte war eine genaue Untersuchung des Standes der Volksschulen im Lande. Jeder Lehrer sollte einen Fragebogen beantworten.
Der Müllheimer Lehrer tat dies gewissenhaft und gab seine Antworten 1799 ab. Der Bericht ist hier in seinem Wortlaut nachzulesen.