Das Wichtigste in Kürze:
- Diese wichtige und interessante Urkunde stammt aus dem Jahre 1475. Zusammen mit dem „Urbar“ von 1523 lassen sich die Rechte und Pflichten von damals rekonstruieren.
- Es gab Regelungen zwischen Grundherr, Schirmvögten und den Hofleuten.
- Die Hofleute hatten dem Kloster Reichenau Abgaben zu entrichten. Dafür stellte das Kloster einen Schirmherrn, der die Rechtsprechung und die Verwaltung übernahm.
- Die Abgaben sammelte ein „Cellarius“ ein, der den Kehlhof bewohnte und bewirtschaftete.
- Viele Regelungen betreffen den Todesfall, das Erb- und das Eherecht.
Inhalt der Offnung
Zu allererst wurde festgehalten, dass das Dorf und der Kehlhof Müllheim mit allem, was dazu gehört, „des Gottshaus in der Rychenauw Eigen“ sei. Danach folgten Bestimmungen zu den Gerichtstagen, welche Vertreter des Abtes dreimal jährlich zu halten hatten. Dabei wurde aber hauptsächlich festgeschrieben, wie die hohen Herren zu bewirten seien. Über den Ablauf der Gerichtsverhandlungen erfahren wir wenig.
Die nächsten Abschnitte befassten sich mit den jährlichen Abgaben, die dem Abt zustanden. Die Naturalgaben wie auch die Geldbeträge wurden genau beziffert, auch je ein Fasnachts- und Herbsthuhn sowie das Schweingeld gehörte dazu.
Ausführlich wurden sodann die Erbregelungen beschrieben, denn dem Tod eines Hofjüngers standen dem Abt, dem Keller und dem Weibel gewisse Teile des Nachlasses zu. Dieser sogenannte „Todfall“ wog bedeutend schwerer als die jährlichen Abgaben. Es konnte dies das beste Tier aus dem Stall sein, oft musste auch das Bett des Verstorbenen oder seine besten Kleider abgeben werden, was auf den bescheidenen Besitz der Bauern schliessen lässt. Auch Werkzeuge, sogar Garn und unverschnittenes Tuch wurde eingezogen.
Sodann wurde als grosses Vorrecht den „Hofjüngern“ zugesprochen, sie dürften innerhalb beschränkter Herrschaftsgebiete „wyben ohn straff“ ; eine Heirat „usser der genossame“ war aber nicht erlaubt, denn damit würde dem Herrn durch den Verlust von Leibeigenen ein Schaden zugefügt.
In den nächsten Abschnitten wurden Bestimmungen über Brotverkauf sowie Bier-und Weinausschank festgeschrieben, dann folgten wenige landwirtschaftliche Anweisungen wie das richtige Einzäunen eines Weinbergs.
Danach folgte der einzige Untertitel der Offnung: „Rechte eines Vogts“. Es wurde zwar noch von einem „Herrn von Österreich“ geschrieben, aber schon scheu hinzugefügt „…oder wer die Vogtei zue Mülheimb in hat“. 15 Jahre nach der Eroberung durch die Eidgenossen tönte die Formulierung, die Müllheimer sollten im Krieg „in der herrschaft Oesterreich stätten schirm und burgrecht“ erhalten, sehr verfehlt.
Nun folgte der Aufruf, jeder habe mitzuhelfen, „Frevler“ zu Handen des Herrn zu ergreifen. Es wurde aber nur eine einzige Straftat aufgeführt: „Wenn einer freventlich einen Stein gegen einen andern erhebt, aber doch nicht wirft, gehört er an den Zuchtbaum“. Auch die Frauen wurden erwähnt: „Wenn sie einander freventlich blutend machen, unerbärmlich misshandeln, schmähen oder mit Worten beschimpfen“, wurden sie bestraft.
Nach diesen Strafbestimmungen endete die Offnung ohne echten Abschluss.
Weitere Informationen: Die Abschrift der Offnung von Müllheim